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Die Inflation der PR-Währung und ihre Folgen (II)

Sechs Thesen zur Zukunft der PR

Sechs Thesen zur Zukunft der PR

Im letzten Artikel der Reihe „Wissenswertes“ konnten Sie lesen, welchen Paradigmenwechsel die PR momentan erlebt. In diesem Artikel folgen nun 6 Thesen, wie Unternehmen und ihre Kommunikationsverantwortlichen bestmöglich mit diesem Wandel umgehen sollten – 6 Thesen zur Zukunft der Öffentlichkeitsarbeit.

1. Marketing ist PR, PR ist Marketing.

Bevor jetzt alle aufschreien: Selbstverständlich funktioniert Pressearbeit in der Regel völlig anders als Marketing – zumindest die klassische, bei der eine Agentur oder ein Pressesprecher einem Journalisten etwas schmackhaft machen wollen. „Kooperationen“ wie Advertorials zähle ich an dieser Stelle explizit nicht dazu.

Allerdings ist es naiv zu glauben, mit dem klassischen Pressebudget heute noch dieselbe Reichweite wie vor fünf Jahren zu erreichen. Auflagen schrumpfen und das Interesse der Leser verteilt sich heute auf sehr viel mehr Medien.

Schaut man sich an, was heutzutage Öffentlichkeit ausmacht, sind es vor allem marketinggetriebene Kampagnen, wie etwa vonLufthansaoder derINGDiba. Kann man gut oder schlecht finden, ist aber so.

Eine Konsequenz daraus kann sein, dass ein Unternehmen seine Pressearbeit in das Marketing integriert. Das bedeutet, dass man die Eigenheiten der Presse weiterhin toleriert und beispielsweise zu Kenntnis nimmt, dass klassische Medien zumindest mehrheitlich keine willfährigen Erfüllungsgehilfen sind. Allerdings muss die Presseabteilung im Gegenzug zur Kenntnis nehmen, dass sie nicht mehr die alleinige Informationshoheit hat, sondern diese mit anderen Medienformen teilt. Und der besseren Steuerung und des optimierten Zusammenspiels wegen integriert man deshalb sämtliche Kanäle unter einem Dach.

Ein perfektes Beispiel dafür ist der Bundesligist 1.FC Köln, der weiterhin klassische Medienarbeit betreibt, aber parallel(!) dazu ein sehr innovatives Projekt ins Leben gerufen hat: denSocial Hub. Dieser soziale Knotenpunkt verbindet auf einer einzigen Plattform alles, was es zum 1. FC Köln zu finden und zu wissen gibt. Neben den Inhalten der FC-Kanäle werden die offiziellen Social-Media-Profile der FC-Profis ebenso abgebildet wie der Nachrichtenstrom aus den Medien sowie Meinungen der Fans aus Blogs und Foren. Mehr als 90 FC relevante Kanäle mit mehreren tausend Artikeln wöchentlich fließen bereits bei FC-Connect ein.

Zwei mediale Plattformen also unter einem Dach. Und längst ist es so, dass sich beispielsweise auch Boulevardmedien sehr gerne bei FC-Connect bedienen.

2. Neue Wege der Budgetverteilung

„Kommunikation ist dann, wenn es ihrem Unternehmen nützt“ ist ein klassischer Lehrsatz der PR. Und war es eben früher ausschließlich klassische Pressearbeit die „genützt hat“, so sind es heute mehrere Plattformen: Social Media, Kunden- und Partnermedien, Blogs, Foren, Meinungs- oder Expertenportale.

Hat man das akzeptiert, sollte es ebenfalls selbstverständlich sein, dass starre Budget-Erbhöfe aufgebrochen werden und anlassbezogen investiert wird.

Wie das im Fall der Pressearbeit funktioniert: Das Unternehmen gewinnt beispielsweise ein Leuchtturmprojekt und somit den Markteintritt in eine Branche, auf die man bereits jahrelang fokussiert hingearbeitet hat. Dann sollte es selbstverständlich sein, dass der dazu sonst obligatorisch zu produzierende Referenzbericht diesmal besonders hochwertig ausfällt und seine Integration in gleich mehrere Kommunikationskanäle stattfindet. Mit einem begabten internen oder externen Autor, bebildert durch einen qualifizierten Fotografen und grafisch gefällig gestaltet. Dieser Bericht wird darüber hinaus bestenfalls in gleich mehreren Blättern platziert, er gehört in ein gut gemachtes Kundenmagazin, und wenn es jemals sinnvoll sein sollte, Geld für mediale Kooperationen in die Hand zu nehmen, dann jetzt. Eventuell lässt man auch ein – professionelles! – Video vor Ort drehen. Ganz gleich, ob mit all diesen Maßnahmen das früher übliche Monatsbudget für Pressearbeit doppelt und dreifach überzogen wird, der Zweck heiligt die Mittel!

Denn warum sollte man Geld in Reichweiten von gestern investieren, die nicht mehr den Reichweiten von heute entsprechen? Eine glasklareAntwortauf diese Frage hält etwa der bekannte Journalist Holger Schmidt bereit. Er zeigt deutlich, dass beispielsweise Facebook mittlerweile das Hoheitsrecht innehat, das früher klassische Medien hatten. Und dass es das soziale Netzwerk ist, das entscheidet, wann eine Nachricht tatsächlich eine Nachricht ist, die nach außen zum Leser dringt („Gatekeeper“).

3. Ohne Moos nix los.

Budget für Pressearbeit 2009: Kommunikationsverantwortliche: X €, Agentur: Y €, weitere Externe (Grafik, Foto, Design, Druck usw.): Z €.Budget für Pressearbeit 2014: Kommunikationsverantwortliche: X €, Agentur: Y €, weitere Externe (Grafik, Foto, Design, Druck usw.): Z €plusBudget für Social Media, Budget für weitere interne Kommunikatoren inklusive Kosten für Schulung, Budget für die Weiterentwicklung der klassischen Website mit dem Reiter „Presse“ zum interaktiven Newsroom mit viel mehr Bild- und Videomaterial sowie der Anbindung an Facebook, Gestaltung und Produktion eines regelmäßig erscheinenden Kundenmagazins, plus …

Diese Aufzählung bereitet Ihnen Schmerzen? Ja, aber sie ist zwingend notwendig. Denn die Nachrichtenkanäle haben sich vervielfacht. Und wer moderne Kommunikation ernst nimmt, der betreibt heute nicht isoliert professionelle Pressearbeit sondern professionelle Kommunikation. Die Zeiten, in den sich Praktikanten um den Social Media-Auftritt kümmerten, sollten unwiederbringlich vorbei sein.

Jetzt aber nicht traurig sein: Denn dieses Budget ist gut angelegtes Geld – dazu später mehr.

4. Strukturen schaffen

Der HandwerksunternehmerVolker Geyermacht derart erfolgreich businessorientierte Social Media-Kommunikation, dass er nach eigenen Angaben mittlerweile fast sämtliche Kunden über Facebook [&] Co. akquiriert. Und weder ist der Handwerker zum Journalisten geboren, noch hat er sich dazu ausbilden lassen oder jemals eine Journalistenschule besucht. Sein Geheimrezept: Authentizität und viel Herzblut sprich: Zeit, die er in seine Social Media-Projekte investiert hat. In Wirklichkeit „verschlingen“ die Social Media-Kanäle mittlerweile die Hauptarbeitszeit des dadurch deutschlandweit bekannten Malers.

Das heißt, dass Volker Geyer Strukturen geschaffen hat, um am Paradigmenwechsel der Kommunikation erfolgreich partizipieren zu können. Dies selbstverständlich der Größe seines Unternehmens beziehungsweise dessen öffentlicher Rolle absolut angemessen.

Diese Strukturen sind ebenso selbstverständlich immer individuell zu betrachten: Manche Unternehmen brauchen externe Hilfe nur als Steigbügelhalter, andere sind dauerhaft auf Unterstützung von Agenturen und Spezialisten angewiesen. Nur, vorhanden sein, das müssen derlei Strukturen –so oder so. Und das kostet wieder Geld oder zumindest Ressourcen (Mitarbeiter), keine Frage.

5. Nachhaltig die Ernte einfahren

Nachdem Sie ausreichend investiert haben – machen Sie nun Kasse: Transformierte Kommunikation ist werthaltiger, da sie transparenter und messbarer (Social Media) istund – so Sie wie oben beschrieben vorgehen – zielgerichteter (klassische PR) ist. Außerdem lassen sowohl moderne Monitoring-Methoden als auch der durch neue Medien mögliche, deutlich intensivere Dialog mit den Stakeholdern wesentlich mehr Rückschlüsse zu: Was bewegt unsere Kunden tatsächlich? Welche Investitionsentscheidungen treffen sie? Wohin bewegt sich der Markt? Versuchen Sie diese Ergebnisse mal ausschließlich mit klassischer Medienarbeit zu generieren.

6. It's a people business

Strukturen schaffen für moderne Kommunikation bedeutet bei Weitem nicht nur finanziell zu investieren, sondern vor allem in Menschen. Kurz gesagt: Die Akzeptanz des beschriebenen Modells macht Kommunikatoren erforderlich, die diesen Weg mitgehen – ohne Wenn und Aber. Sei es als Dienstleister oder als Festangestellte.

Gastautor Sven Hansel, IT- und Wirtschaftsjournalist


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