Website durchsuchen

Das Intranet ist der Kicker der Digitalisierung

Was Fachkräftemangel und Wissensmanagement mit dem Erfolg mittelständischer Unternehmen zu tun haben.

Was Fachkräftemangel, Wissensmanagement und Social Collaboration mit dem Erfolg mittelständischer Unternehmen zu tun haben.

„Ich wollte mich grundsätzlich einmal erkundigen, wie es bei Ihnen mit Home-Office und flexiblen Arbeitszeiten aussieht“, dokumentierte neulich eine sehr bekannte, renommierte Digitalberaterin – und Mutter zweier Kinder – öffentlich ihren Austausch mit einem Unternehmen, das auf der Suche nach einem Mitarbeiter war, in dessen Ausschreibungsraster sie sehr gut passte. „Nein“, antwortete der potenzielle Arbeitgeber, „denn wir legen weiterhin großen Wert auf Präsenzzeiten – aber wir haben einen Kicker.“

Selbstbewusste Mitarbeiter stellen Forderungen

Ein Fachkräftemangel, der so weit geht, dass nach Jahren, wenn nicht Jahrzehnten der Untätigkeit endlich Bewegung in ein Zuwanderungsgesetz kommt. Oder Unternehmen, die begreifen, dass die von ihnen angebotene Kinderbetreuung keinesfalls Luxus, sondern ein adäquates Instrument ist, um qualifizierte Arbeitnehmerinnen an sich zu binden: Offensichtlich reift in einigen Organisationen langsam die Erkenntnis, dass Mitbestimmung, das so genannte Empowerment der Mitarbeiter und mehr Flexibilität kein Schnickschnack mehr sind, sondern ein probates Mittel, um langfristig wettbewerbsfähig zu bleiben. Der Arbeitsmarkt ist ein Käufer- und kein Verkäufermarkt mehr. Selbst Top-Unternehmen sehen sich bereits von frischgebackenen Absolventen mit Forderungen konfrontiert, die sich in den 80er-Jahren maximal der Zigarre rauchende Top-Manager zu stellen gewagt hätte. Und die Haltung des seinen Kicker lobpreisenden Unternehmens wird offensichtlich mehr und mehr zur Ausnahme.

Ruhestandswelle älterer Mitarbeiter kommt bestimmt

So weit, so gut. So schlecht scheint es allerdings weiterhin um Struktur und Prozesse des Wissensmanagements bestellt zu sein. Ein ebenfalls wichtiger Faktor der moderneren Arbeitswelt und Arbeitsorganisation. Fakt ist: Nach repräsentativen Erhebungen hat sich der Anteil der Erwerbsfähigen, die zwischen 60 und 64 Jahre alt sind, seit 2006 auf 56 Prozent nahezu verdoppelt. Bis zum Jahr 2030 sollen rund 2,1 Millionen dieser älteren Fachkräfte in den Ruhestand gehen. Unternehmen müssen also deren Wissen – und selbstverständlich auch das der jüngeren Arbeitnehmer – konservieren, alles andere ist alternativlos.

Faktisch gehen Organisation mit diesem Thema aber um wie mit der Anfrage nach Home-Office und flexiblen Arbeitszeiten: Wissensmanagement ist noch allzu oft zu altmodisch organisiert. So arbeitet zwar bereits jedes dritte Unternehmen am Abbau starrer Rangordnungen, aber rein klassisch hierarchische Führungsmodelle finden sich noch in jedem vierten Unternehmen. Erst 14 Prozent haben den Umbruch zu einer agilen Organisation mit schnellen, flexiblen Entscheidungswegen geschafft, so die Ergebnisse der Studie „Potenzialanalyse agil entscheiden“ von Sopra Steria Consulting und dem F.A.Z.-Institut.

Social Collaboration löst Hierarchien ab

Top-down ist aber beim Thema Wissensmanagement erwiesenermaßen der garantiert falsche Weg. Der Springer-Fachverlag schreibt sehr passend dazu: „Denn Erfolg kann sich in der Arbeit 4.0 nur dort ansiedeln, wo Silodenken seinen Anspruch verliert, weil Mitarbeiter ihr Wissen teilen, miteinander kollaborieren und am gemeinsamen Wissenserwerb teilhaben können.“

Dieses Vorgehen hat sich in der Wissenschaft als „Social Collaboration“ manifestiert. Schrankenlos und ohne Rücksicht auf Hierarchien wird hier gearbeitet; „bei einer solchen vernetzten Zusammenarbeit geht es nicht nur um die rein technischen Fragen, wie beispielsweise die Nutzung bestimmter Plattformen oder spezifischer Kommunikationskanäle. Als Prozess betrachtet handelt es sich auch um eine sozio-kulturelle Entwicklung des Kommunikationsverhaltens und Arbeitsstils der beteiligten Menschen bei der Arbeit an gemeinsamen Projekten“, weiß Wikipedia hierzu.

Steigerung der Arbeitseffizienz

Der Lohn für den Einsatz von Social Collaboration ist allerdings nicht nur derjenige, dass Wissen im Unternehmen konserviert, sondern darüber hinaus eine Erhöhung der Arbeitseffizienz um beinahe ein Drittel erzielt wird, berichtet eine Studie des Beratungshauses Campana [&] Schott. „Dass der Einsatz von Social-Collaboration-Tools die Arbeitseffizienz erhöht, hat sich bereits in den vergangenen beiden Studien gezeigt“, so Dr. Eric Schott, Mitautor der Studie und Geschäftsführer von Campana [&] Schott. „Inzwischen dienen SC-Tools vor allem zur Förderung von Innovationen sowie zur Verstärkung der firmenübergreifenden Zusammenarbeit.“

Fazit: In puncto Wissensmanagement ist das starre Intranet von früher quasi der Kicker der digitalen Welt, mit dem sich kein Blumentopf mehr gewinnen lässt. Wer es als Unternehmen ernst meint mit der Beseitigung des Fachkräftemangels muss sich mehr in Richtung Social Collaboration aufstellen, Hierarchien abbauen, neue Wege zulassen. Dass damit einhergehend die Wettbewerbsfähigkeit mitgesichert wird und die Arbeitseffizienz massiv erhöht wird, sollten Argumente genug sein, hier endlich zu handeln.

Gastautor Sven Hansel, IT- und Wirtschaftsjournalist

Bildquelle: AdobeStock / Fotolia

Teilen